Die Annuitätenmethode ist eine weit verbreitete Form des Darlehens, bei der Zinsen und Tilgung in einer über die gesamte Laufzeit gleichbleibenden Rate beglichen werden. Diese Methode hat Vorteile und Nachteile, deren Grundlagen wir Ihnen erläutern.
Was versteht man genau unter der Annuitätenmethode?
Ein Darlehen, das nach der Annuitätenmethode vergeben wird, kann sowohl als Baudarlehen als auch als herkömmlicher Ratenkredit vergeben werden. Tatsächlich sind die meisten Darlehen in Deutschland als Annuitätendarlehen gestaltet, bei denen der Kredit immer in festen Raten zurückgezahlt wird, die sich nicht verändern.
Dabei enthält die (zumeist monatlich zu zahlende) Rate beim Annuitätendarlehen sowohl einen Tilgungs- als auch einen Zinsanteil. Damit die Rate über die gesamte Laufzeit gleich bleiben kann, müssen die Tilgungs- und Zinsanteile natürlich angepasst werden, denn je mehr man zurückzahlt, desto mehr hat man getilgt.
Das bedeutet:
- während der Kreditlaufzeit sinkt der Zinsanteil (dies beeinflusst aber nicht den jährlichen Zinssatz!)
- während der Kreditlaufzeit steigt der Tilgungsanteil
Dies erfordert natürlich eine bestimmte Berechnungsformel, deren Grundlagen für mathematische Laien auf den ersten Blick recht kompliziert wirken, aber zum besseren Verständnis auf jeden Fall einmal genauer betrachtet werden sollten. Hinzu kommen verschiedene mathematische Faktoren, wie etwa Abzinsungsfaktor und Annuitätenfaktoren. Zu letzteren kommen wir gleich, der Abzinsungsfaktor wird hingegen hier erklärt.
Video: Annuität, dynamische Investitionsrechnung
Vereinfacht kann man die Berechnung zunächst wie folgt darstellen:
Zinsen + Tilgung = Monatsrate
Um die Monatsrate schon vor Darlehensaufnahme zu berechnen, muss der Kreditnehmer also einige Rahmendaten kennen, also:
- die Kreditsumme
- die Kreditlaufzeit
- den jährlichen Zinssatz
Die Annuitätenmethode wendet man dann wie folgt an:
Annuität = Kreditsumme * (Zinssatz *(1 + Zinssatz)Laufzeit) / ((1+Zinssatz)Laufzeit -1)
[Anmerkung: Formel als Bruch darstellen!]
Der Annuitätenfaktor (häufig auch als Wiedergewinnungsfaktor bezeichnet) dient zur Umrechnung des Kapitalbetrags (Kapitalwert) in die zeitlich begrenzte Reihe gleichbleibend hoher Zahlungen, während die Verzinsung einbezogen wird. Man multipliziert den Kapitalwert mit dem Annuitätenfaktor bzw. Wiedergewinnungsfaktor, um eine gleichbleibende Rate zu erhalten.
Als Kreditnehmer wird man eher den Begriff Annuitätenfaktor hören, während Wiedergewinnungsfaktor bei einer Investitionsrechnung verwendet wird. Mathematisch ist aber der gleiche Faktor gemeint, egal ob es um ein Darlehen oder um eine Investitionsrechnung geht. Ein detailliertes Rechenbeispiel für die Anwendung finden Sie hier.
Die Annuitätenmethode ist vor allem für Baufinanzierungen wichtig
Obwohl die meisten Ratenkredite als Annuitätendarlehen berechnet werden, kommen die Verbraucher mit dem Begriff in der Regel nicht in Kontakt, weil sie bei Abschluss des Kreditvertrags einfach nur ihre monatliche Rate wissen wollen. Wer sich ein neues Handy, einen Kühlschrank oder auch ein Auto für überschaubare Zeiträume finanzieren will, muss sich darüber auch keine Gedanken machen – Alternativen zum Annuitätendarlehen sehen die meisten Banken und Kreditinstitute ohnehin nicht vor.
Etwas anders sieht das schon aus, wenn es um eine Baufinanzierung geht. Denn hier versuchen Berater häufig, andere Finanzierungsformen zu verkaufen, obwohl die Annuitätenmethode oft die sinnvollste Darlehensform ist. Das Statistische Bundesamt verzeichnet seit Jahren eine gestiegene Bautätigkeit – sowohl von Privatleuten als auch von großen Investoren.
Alleine im Jahr 2018 wurde (bis November) der Bau von insgesamt mehr als 315.200 Wohnungen genehmigt. Für Privatleute ist die sichere Finanzierung natürlich noch wichtiger, da sie im Falle einer Insolvenz immer massiv persönlich betroffen sind. Die Gestaltung des Darlehens muss sich also in jedem Fall den finanziellen Gegebenheiten anpassen.
Wir rufen uns in Erinnerung: Während die monatliche Rate über die gesamte Laufzeit hinweg gleichbleibt, ändert sich die innere Zusammensetzung von Zinsanteil (sinkt) und Tilgungsanteil (steigt).
Es gilt also:
- Zu Darlehensbeginn werden vor allem Zinsen gezahlt
- Zum Ende des Darlehens zahlt man hauptsächlich für die Tilgung
Der Hauptunterschied zwischen einem Baudarlehen nach Annuitätenmodell und einem herkömmlichen Ratenkredit liegt darin, dass die fest vereinbarte Rate in der Regel nicht über die gesamte Laufzeit gilt, sondern nur bis zum Ablauf der Zinsbindungsfrist. Da Baufinanzierungen sich meist über viele Jahre hinziehen, wird bei einem Darlehen mit Zinsbindungsfrist nach deren Ablauf im Rahmen einer Anschlussfinanzierung ein neuer Zinssatz vereinbart, der den dann gültigen Marktbedingungen entspricht.
Für den Darlehensnehmer hat das in Zeiten einer Niedrigzinsphase einen großen Vorteil, weil es ihm Planungssicherheit verschafft. Die Anschlussfinanzierung muss übrigens nicht beim gleichen Kreditinstitut abgeschlossen werden, man kann sich dann auch einen anderen Anbieter suchen. Gerade bei niedrigen Zinsen ist die lange Zinsbindung für die Bank nicht besonders attraktiv, weswegen viele Kunden andere Darlehensformen vorgeschlagen bekommen.
So gibt es auch Finanzierungen mit variablen Zinssätzen, die sich flexibel der jeweiligen Zinsentwicklung anpassen. Dies ist für Kunden nur dann interessant, wenn die Zinsen ohnehin sehr hoch sind und eher eine Anpassung nach unten zu erwarten ist. Denn wenn die Bank den Zinssatz mitten in der Laufzeit nach oben anpasst, steigt zwangsläufig auch die Monatsrate. Eine weitere Möglichkeit, ohne Annuitätendarlehen zu arbeiten, liegt in endfälligen Darlehen, bei denen zunächst überhaupt nicht getilgt wird. Der Kreditnehmer zahlt erst einmal nur die Zinsen, während der Tilgungsanteil zum Beispiel in einen Bausparvertrag fließt.
Ist die Annuitätenmethode immer die richtige Wahl?
Natürlich hat die Annuitätenmethode nicht nur Vorteile, sondern auch Nachteile. Denn wer sich für eine langfristige Finanzierung mit gleich bleibender Rate entscheidet, schränkt seine eigene finanzielle Flexibilität gegebenenfalls ein. Die monatliche Belastung durch den Kredit besteht meist über viele Jahre und sollte daher mit allen Eventualitäten abgeglichen sein. Außerdem verursachen Annuitätendarlehen über die gesamte Laufzeit Einträge bei der Schufa, was andere Finanzierungen und Anschaffungen erschweren kann.
Steigen die Zinsen zum Ende der Zinsbindungsfrist, wird die Anschlussfinanzierung entsprechend teuer. Bevor man sich also dafür entscheidet, ein solches Darlehen aufzunehmen, muss die langfristige Belastbarkeit der eigenen finanziellen Verhältnisse gesichert sein.
Verschiedene Faktoren sollten dabei berücksichtigt werden, etwa:
- möglicher Verlust der Arbeitsstelle
- möglicher Wechsel der Arbeitsstelle (Gehaltseinbußen?)
- Pflegefälle in der Verwandtschaft, die das Budget belasten können
- Kosten für Kinder (insbesondere Ausbildung und Studium)
Nicht alle Fälle lassen sich im Detail vorab planen und so mancher wurde von der Realität überholt, als er sich für ein Darlehen nach der Annuitätenmethode entschieden hat. Auf der anderen Seite muss man bedenken, dass bei den hohen Finanzierungssummen, die bei einem Baudarlehen veranschlagt werden, diverse Vorteile für das Annuitätendarlehen sprechen. So ist die Planbarkeit durch die unveränderliche Rate ein wichtiger Faktor.
Weitere Sicherheit gibt die lange Zinsbindung, denn der einmal festgelegte Zinssatz ändert sich bis zum Ende der Zinsbindungsfrist nicht. Der Tilgungssatz kann hingegen in der Regel frei gewählt werden. Da jede Rate den Tilgungsanteil weiter erhöht, kommt man dem Ziel schneller näher als bei Darlehen, bei denen die Zinsen variabel gestaltet sind.
Viele Darlehensverträge sehen außerdem die Möglichkeit vor, dass man bei einem finanziellen Engpass mit einer Rate aussetzt, die dann einfach hintendran gehängt werden kann.
Die Vor- und Nachteile der Annuitätenmethode im Überblick:
Vorteile:
- Rate verändert sich über die gesamte Laufzeit nicht
- Planungssicherheit durch lange Zinsbindung
- freie Wählbarkeit des Tilgungssatzes
- Tilgungsanteil erhöht sich mit jeder weiteren Rate
- Möglichkeit, Raten bei Engpässen auszusetzen
Nachteile:
- langfristige monatliche Belastung durch Kreditrate
- lange bestehende Einträge des Darlehens bei der Schufa (kann bei weiteren Anschaffungen und Finanzierungen nachteilig sein)
- nach Ende der Zinsbindungsfrist kann die Anschlussfinanzierung teuer werden
- bei unvorhergesehenen Ereignissen (Jobverlust, Krankheit etc.) kann ein Annuitätendarlehen eine große Belastung sein
Video: Annuitätenmethode – Dynamische Investitionsverfahren einfach erklärt
Fazit: Die Annuitätenmethode ist bei den meisten Baufinanzierungen das Mittel der Wahl
Die meisten Ratenkredite sind Annuitätendarlehen. Eine Wahl haben Verbraucher vor allem bei langfristigen Finanzierungen über hohe Summen, etwa bei einer Baufinanzierung. Dann muss man die Vor- und Nachteile der Annuitätenmethode sorgfältig gegeneinander abwägen. Die persönlichen Verhältnisse und Planungen spielen dabei eine große Rolle. Hier spielt das Annuitätendarlehen auch seinen größten Trumpf aus, nämlich die langfristige Planungssicherheit. Auf der anderen Seite stehen eine lange bestehende monatliche Ratenbelastung sowie nach Ablauf der Zinsbindungsfrist eine eventuell teure Anschlussfinanzierung.
Mit einem Annuitätenrechner kann man die Rahmendaten selbst festlegen, für eine wirklich aussagekräftige Beurteilung der eigenen Finanzlage sollte man jedoch einen unabhängigen Finanzberater einschalten. Vorsicht: Vertreter von Banken und Bausparkassen versuchen häufig, andere (für die Banken attraktivere) Finanzierungsmodelle unterzubringen. Lassen Sie sich daher stets auch eine Alternative mit einem Annuitätendarlehen berechnen, bevor Sie sich für eine Variante entscheiden.
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