Donnerstag, Dezember 26

Dispo überziehen: Keine dauerhafte Lösung für finanzielle Probleme

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Es kann jedem passieren: Die Waschmaschine gibt den Geist auf, das Auto braucht einen neuen Auspuff. Wenn die Ausgaben den Kontostand übersteigen, hilft kurzfristig der Dispokredit. Wenn das Konto jedoch dauerhaft im Minus ist, sollte man über Alternativen nachdenken.

Unterschied zwischen Dispokredit und Kontoüberziehung

Im alltäglichen Sprachgebrauch setzen viele die Begriffe Kontoüberziehung und Dispo gleich. Gemeinsam haben beide, dass sie das Konto ins Soll bringen. Doch es gibt einen entscheidenden Unterschied. Während die Zinsen eines von der Bank regelmäßig eingeräumten Dispositionskredites überschaubar sind, werden die Zinsen für eine tatsächliche Kontoüberziehung deutlich höher angesetzt.

Hinzu kommt die qualitative Einstufung: Ein Konto „unerlaubt“ (also ohne Dispovereinbarung) zu überziehen, ist bei vielen Banken innerhalb bestimmter Grenzen durchaus möglich. Allerdings führt die Überziehung nicht nur zu hohen Überziehungszinsen, sondern ggf. auch zu negativen Einträgen bei der Kontoauskunft. Dies kann dazu führen, dass etwa eine beantragte Kreditkarte nicht genehmigt wird.

Ein Minus innerhalb des eingeräumten Dispositionskredites ist hingegen unschädlich für die Kreditwürdigkeit des Kunden. Streng genommen kann man aber auch den Dispo überziehen, wenn man mehr Geld in Anspruch nimmt, als laut Verfügungsrahmen eigentlich erlaubt ist.

Video: Dispozinsen Test | Stiftung Warentest

Immer mehr Menschen müssen ihren Dispo überziehen

Obwohl das Schuldenmachen bei vielen Bürgern verpönt ist, nehmen immer mehr Menschen die Möglichkeit in Anspruch, das Konto überziehen zu können. In einer Umfrage von 2015 gaben 56,4 Prozent der Befragten zwar an, niemals den Dispo in Anspruch zu nehmen, doch knapp ein Viertel (22,5 %) nutzt diese Möglichkeit bereits mehrmals jährlich.

8,8 Prozent gaben an, jeden Monat ins Soll zu rutschen, und für 6,9 Prozent der Befragten ist dies bereits ein Dauerzustand. Bemerkenswert ist dabei, dass 80 Prozent der Deutschen die durchschnittliche Höhe der Dispozinsen als unangemessen hoch empfindet.

Warum erlauben Banken, dass man das Konto überhaupt in den Dispo überziehen darf?

Ein Dispokredit soll dem Kunden mehr Flexibilität bieten. Es ist ein fester Kreditrahmen, der sich nach dem Einkommen (bzw. den regelmäßigen Geldeingängen auf dem Konto) richtet. Meist bieten die Banken von sich aus an, einen Dispo einzurichten. Solange man den Dispokredit nicht in Anspruch nimmt, hat das keinerlei Folgen – man bekommt einfach die Option, im Notfall mehr Geld auszugeben als man hat, ohne dafür extra einen Verbraucherkredit beantragen zu müssen.

Die Bank weiß nicht, ob und wann bzw. für wie lange der Dispositionskredit benötigt wird, da sie ihn permanent zur Verfügung stellt. Dies lässt sie sich mit (im Vergleich zu normalen Ratenkrediten) relativ hohen Zinsen bezahlen, die jedoch immer noch unterhalb einer spontanen Überziehung liegen. Solche Überziehungszinsen sind immer höher als beim Dispo.

Das Konto über den Dispo zu überziehen, ist also nicht billig – kann aber in finanziellen Notlagen zur Überbrückung sinnvoll sein. Für die Banken ist dies eine sehr lukrative Sache, denn sie leihen sich bei den Zentralbanken das Geld für die Dispokredite ihrer Kunden vergleichsweise günstig und verdienen mit den hohen Überziehungszinsen eine Menge Geld.

Im alltäglichen Sprachgebrauch setzen viele die Begriffe Kontoüberziehung und Dispo gleich. Gemeinsam haben beide, dass sie das Konto ins Soll bringen.

Im alltäglichen Sprachgebrauch setzen viele die Begriffe Kontoüberziehung und Dispo gleich. Gemeinsam haben beide, dass sie das Konto ins Soll bringen. (#01)

Das Konto ständig mit Dispo überziehen: Die Dispofalle droht

Bei einem Ratenkredit zahlt man monatlich feste Raten zurück, die Tilgung und Zinsen enthalten. Auf diese Weise baut man die Schulden sukzessive ab und ist irgendwann wieder schuldenfrei, solange die Raten pünktlich bezahlt werden. Beim Dispo ist die Rückführung flexibel gestaltet und mehr oder weniger komplett dem Kunden überlassen. Man kann das Konto auch dauerhaft im Minus halten und mit dem Dispo „fest“ rechnen – zum Preis relativ hoher Zinsen.

Viele Kunden kommen aber aus dieser Situation nicht mehr heraus. Da sich das Gehalt kaum erhöht und die Fixkosten in der Regel nicht verringern, bleibt das Konto immer im Soll. Nicht wenige Verbraucher rutschen immer dichter ans Limit oder müssen sogar den Dispokredit überziehen. Hierbei unterscheidet sich die Politik der Banken teilweise erheblich. Während manche überhaupt nicht erlauben, das eingeräumte Kreditlimit zu überschreiten, ist es bei Abbuchungen oder Überweisungen zumindest kurzfristig oft möglich.

Wer den Dispo überziehen muss, kann dies in der Regel aber nur bargeldlos tun, der Geldautomat spuckt dann kein Geld mehr aus. Bei einer permanenten Inanspruchnahme des Dispositionskredites sprechen Finanzexperten der Verbraucherzentralen oft von der Dispofalle. Wer den Dispo nicht aus eigener Kraft zurückzahlen kann, sollte eine Umschuldungsmaßnahme über einen Ratenkredit in Erwägung ziehen.

Passiert das, hat man nicht nur die Belastung des Dispos zu verkraften, sondern zusätzlich auch die Kosten für den (inzwischen aufgebrauchten) Ratenkredit. Zudem bekommt nicht jeder Kunde ohne Weiteres einen solchen Verbraucherkredit.

Passiert das, hat man nicht nur die Belastung des Dispos zu verkraften, sondern zusätzlich auch die Kosten für den (inzwischen aufgebrauchten) Ratenkredit. Zudem bekommt nicht jeder Kunde ohne Weiteres einen solchen Verbraucherkredit.(#02)

Wer immer den Dispo überziehen muss, sollte die Umschuldung erwägen

Während die Dispokredite sich steigender Beliebtheit bei den Kunden erfreuen und als kurzfristige Finanzspritze auch durchaus praktikabel sind, wird die Dispofalle als Dauerzustand von zahlreichen Fachleuten kritisiert. Günstiger ist es, sich einen Ratenkredit bei der eigenen Hausbank oder einer fremden Bank zu besorgen, um den Dispo dauerhaft auszugleichen. Auf diese Weise wird das Geld tatsächlich zurückgeführt und dank der niedrigeren Zinsen für reguläre Verbraucherkredite sinkt die Belastung.

Generell sollte eine Tilgung von Disposchulden aber zunächst über Ersparnisse oder andere zur Verfügung stehende Geldanlagen erfolgen, da die Zinsen für einen Ratenkredit die Anlagezinsen für Spareinlagen derzeit natürlich stark übersteigen. Stellt man die Kosten inklusive Tilgung gegenüber stellt sich heraus, dass bei gleicher Laufzeit (24 Monate) die Zinsen für den Dispo (bei 11,7 Prozent) mit 379,21 Euro zu Buche schlagen, während der Ratenkredit (bei 5,65 Prozent) nur mit 179,74 Euro Zinsen zuschlägt.

Eine Umschuldung funktioniert aber natürlich nur dann, wenn man während der Maßnahme nicht erneut in das Soll rutscht. Passiert das, hat man nicht nur die Belastung des Dispos zu verkraften, sondern zusätzlich auch die Kosten für den (inzwischen aufgebrauchten) Ratenkredit. Zudem bekommt nicht jeder Kunde ohne Weiteres einen solchen Verbraucherkredit.

Video: Dispo: Viel zu hohe Zinsen

Wie findet man den richtigen Kreditanbieter, wenn man nicht den Dispo überziehen will?

Der Gang zur Hausbank liegt bei der Suche nach einem Raten- oder Verbraucherkredit zur Rückführung des Dispokredits natürlich nahe. Aber wie so oft gilt, dass man die Angebote verschiedener Banken vergleichen sollte. Gerade Hausbanken nehmen ihre Kunden als gegeben und bieten Neukunden oft bessere Konditionen als einem alten Stammkunden.

Das gilt umgekehrt für andere Kreditinstitute genauso – und davon kann der Verbraucher profitieren, indem er selbst zum Neukunden wird. Aber auch dann, wenn man nicht zu einer anderen Bank wechseln möchte, kann man Kreditangebote anderer Institute für die Verhandlungen mit der Hausbank nutzen. Man muss bei der Kreditaufnahme übrigens nicht angeben, dass das Geld für eine Umschuldungsmaßnahme gedacht ist.

Wichtig: Bevor ein Kredit unterschieben wird, sollten unbedingt mehrere Angebote eingeholt werden, um auch ganz bestimmt die Bank mit den niedrigsten Zinsen zu finden. Auf unterschiedlichen Portalen ist es möglich sich darüber zu informieren.

besuchen. Dort finden sich Vergleichsrechner, die (abhängig von der Bonität des Kunden) die besten Kreditangebote auflisten. Hierbei sollte man natürlich immer die AGB und Kreditbedingungen genau studieren. Ist beispielsweise eine vorzeitige Rückzahlung des Kredits über Sonderzahlungen ohne Zusatzkosten möglich? Vorsicht ist geboten bei der sogenannten Restschuldversicherung. Sie wird häufig gemeinsam mit einem Kreditvertrag abgeschlossen, ist aber selten sinnvoll. Zum einen zahlen die Versicherer aufgrund zahlreicher Ausschlussklauseln oft gar nicht, zum anderen sind die Kosten für die Restschuldversicherung so hoch, dass sich der Zinssatz letztlich verdoppeln kann.

Sehr unschön ist dabei, dass die Kosten der Restschuldversicherung dadurch verschleiert werden, dass sie nicht in den Effektivzins des Kredites einberechnet sind. Wer Sorge hat, dass Hinterbliebene im Fall der Fälle auf den Schulden sitzenbleiben könnten, sollte lieber eine Risikolebensversicherung abschließen. Übrigens sind viele ältere Kreditverträge fehlerhaft, was die Belehrungen über Widerrufsrechte betrifft. Insbesondere Immobilienkredite sind davon betroffen.

Je nach Datum des Vertragsabschlusses können solche Verträge eventuell noch immer fristlos gekündigt werden. Dadurch lassen sich bei Altverträgen oft viele tausend Euro einsparen. Tatsächlich führen misslungene oder zu teure Baufinanzierungen häufig dazu, dass Verbraucher ihren Dispo überziehen müssen, um kurz- oder mittelfristige Belastungen abzufedern, die nicht einkalkuliert waren.

Der Gang zur Hausbank liegt bei der Suche nach einem Raten- oder Verbraucherkredit zur Rückführung des Dispokredits natürlich nahe. Aber wie so oft gilt, dass man die Angebote verschiedener Banken vergleichen sollte.

Der Gang zur Hausbank liegt bei der Suche nach einem Raten- oder Verbraucherkredit zur Rückführung des Dispokredits natürlich nahe. Aber wie so oft gilt, dass man die Angebote verschiedener Banken vergleichen sollte.(#03)

Fazit: Nur im Notfall den Dispo überziehen

Auch wenn es bequem erscheint: Wer den Dispo überziehen möchte, muss um die hohen Kosten wissen. Eine permanente Inanspruchnahme des Dispokredits kann in die sogenannte Dispofalle führen, aus der man ohne externe Finanzspritze nicht mehr herauskommt. Wer sein Konto per Dispo überziehen muss, sollte das also nur im Notfall (und dann möglichst kurzfristig) tun.

Der Vorteil des Dispositionskredits liegt in der hohen Flexibilität und der permanenten Verfügbarkeit, ohne einen zusätzlichen Antrag stellen zu müssen. Die Banken lassen sich dies aber mit hohen Zinsen vergüten. Um aus der Dispofalle zu kommen, ist eine Umschuldung über einen Ratenkredit meist die beste Möglichkeit, da Verbraucherkredite um einiges günstiger sind als Dispokredite. Hierbei sollten die Angebote der Banken sorgfältig miteinander verglichen werden.


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