Freitag, November 22

Urteil: Widerruf der Baufinanzierung bei Fernabsatz!

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Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) dürfte viele Häuslebauer erfreuen. Wer zwischen dem 02.11.2002 und dem 10.06.2010 einen Vertrag für ein Immobiliendarlehen abgeschlossen hat, kann dieses widerrufen, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Und das noch heute nach über 15 Jahren!

Urteil des BGH vom 27.02.2018 (Aktenzeichen XI ZR 160/17)

Da hört der Häuslebauer gleich zweimal hin, denn ein Wideruf des damals abgeschlossenen Immobiliendarlehens zu teuren Zinskonditionen ist natürlich ein gefundenes Fressen. Gerne nutzt man da die Gelegenheit zur günstigen Umschuldung!

Das Urteil des BGH bezieht die auf Darlehensverträge, welche fehlerhafte oder unvollständige Angaben in den Verträgen aufweisen. Und: die Verträge müssen im sogenannten Fernabsatzgeschäft abgeschlossen worden sein. Das Fernabsatzgeschäft umfasst Darlehensverträge, welche in dem oben genannten Zeitraum abgeschlossen wurden, ohne eine Filiale des Kreditinstituts oder einen Vermittler des Kreditinstituts besucht zu haben. Wer seinen Immobilienkredit in der Filiale oder beim Vertreter der Bank unterzeichnet hat, ist raus.

Darlehensverträge abzuschließen, ohne die Filiale zu besuchen, das betrifft vor allem Häuslebauer, die bei Direktbanken abgeschlossen haben. Dies sind beispielsweise Institute wie DSL-Bank, ING-DiBa und DKB. Eine weitere Möglichkeit, in den Genuss des „Fernabsatzes ohne Filialbesuch“ zu kommen, ist die Vermittlung durch Firmen wie Dr. Klein & Co. AG, Hüttig & Rompf oder Interhyp.

Urteil: Wegfall der Vorfälligkeitsentschädigung

Das Urteil des BGH richtet sich konkret gegen eine Bausparkasse. Monierte Formfehler kann zum Beispiel eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung sein. Und wichtig ist, dass der Vertrag ausschließlich per Fernkommunikationsmittel wie Post, Telefon und Mail abgeschlossen wurde. Ein Besuch eines Vertreters durchkreuzt diesen Sachverhalt wieder.

Immobiliendarlehen im Fernabsatzgeschäft haben vor allem drei große Baufinanzierer getätigt. Dies sind – wie bereits erwähnt – die ING Diba, die DKB und die DSL-Bank. Zudem sind Kredite eines bestimmten Zeitraums besonders interessant. Es st der Zeitraum von 2008 bis 2010. Bei diesen Verträgen dürfte nämlich noch eine Zinsbindung aktiv sein. Diese hat zur Folge, dass eine reguläre Kündigung eine sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung zugunsten des Kreditgebers zur Folge haben würde.

Das Urteil des BGH bewirkt nun, dass bei vielen der so widerrufenen Immobiliendarlehen, eben keine Vorfälligkeitsentschädigung an den Kreditgeber zu zahlen ist. In solchen Fällen hat der Häuslebauer die Möglichkeit, aus dem hochverzinsten Immobiliendarlehen auszusteigen und ohne Zahlung der Entschädigung sich zu den aktuell sehr günstigen Zinsen wieder zu refinanzieren.

Nutzungsentschädigung für Kreditnehmer

Es gibt eine weitere Quelle der Freude für alle, die ihr Immobiliendarlehen so widerrufen können. Der Widerruf bewirkt, dass der Darlehensnehmer von dem Kreditgeber eine Nutzungsentschädigung fordern kann. Diese berechnet sich aus einer Verzinsung aller geleisteten Zinszahlungen und Tilgungszahlungen. Bezogen auf die Kreditsumme kann dies zwischen fünf und zehn Prozent sein. Wer sein Häusle mit 250.000 Euro finanziert hat, darf also mit 12.500 bis 25.000 Euro Nutzungsentschädigung rechnen. Hat man also bisher an Zins- und Tilgungszahlungen bereits 30% des Darlehensbetrags gezahlt, die man zurückerhält, kann man plötzlich mit 35% bis 40% Eigenkapital bezogen auf die Darlehenssumme aufwarten. Ein Betrag, der nicht mehr verzinst und nicht mehr zurückgezahlt werden muss. Damit verwandeln sich die bisherigen Zinszahlungen in Tilgungszahlungen. Hinzu kommt dann noch die Ersparnis durch die Zinsverbilligung. Ein echtes Schnäppchen also.

Was ist zu tun?

Zuerst sollte man prüfen oder prüfen lassen, ob der eigene Darlehensvertrag unter das Urteil fällt. Das ist bei Fachanwälten schnell geschehen. Ob die Banken und Kreditgeber ob des BGH-Urteils sofort bereit sind, den Widerruf zu akzeptieren, bleibt offen. Tun sie dies nicht, bietet sich die Klage an. Das muss jedoch keine Angst auslösen, denn die Chancen auf den Sieg dürften hier recht groß sein.

Was Kreditinstitute ganz gerne machen, das sind Vergleichsangebote. Im Gespräch wird dem Darlehensnehmer dann manchmal von Risiken erzählt und er wird verunsichert. Wer sich da vorschnell auf ein ungünstiges Vergleichsangebot einlässt, verschenkt bares Geld. Denn: wenn eine Bank bereit ist, schnell Geld zu geben, dann wird sie dies womöglich nur tun, weil sie weiß, dass sie eigentlich wesentlich mehr zahlen müsste. Wenn das Kreditinstitut in einem Vergleichsangebot lediglich offeriert, auf die Vorfälligkeitsentschädigung zu verzichten, dann besteht die Gefahr, dass man den eigentlichen „Batzen“, nämlich die Nutzungsentschädigung, verfallen lässt. Vorsicht ist also geboten und der Weg zum Anwalt kann bares Geld bringen.


Bildnachweis: © shutterstock – Titebild kan_chana

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